Der blinde Fleck im menschlichen Auge: Ursachen, Symptome & Test 

Autor: Dr. Victor Derhartunian 9 April 2025

Das menschliche Auge ist ein wahres Wunderwerk – doch mitten in diesem hochkomplexen Sinnesorgan gibt es eine Stelle, die tatsächlich nichts sieht: den blinden Fleck. Er ist völlig normal, gehört zur anatomischen Grundausstattung jedes Auges und bleibt uns im Alltag meist völlig verborgen. In diesem Artikel erfahren Sie, was es mit dem blinden Fleck auf sich hat, wo er sich befindet, wie Sie ihn mit einem einfachen Selbstversuch testen können – und wann es sich nicht mehr um eine harmlose Erscheinung, sondern um einen krankhaften Gesichtsfeldausfall handelt. Ein spannender Blick auf das, was wir nicht sehen – und warum das so ist.

Der blinde Fleck im menschlichen Auge – was steckt dahinter? 

Jeder Mensch hat ihn – und kaum jemand bemerkt ihn: den blinden Fleck im menschlichen Auge. Er ist eine völlig normale Struktur, die durch den anatomischen Aufbau des Auges bedingt ist. An einer bestimmten Stelle der Netzhaut, genauer gesagt an der sogenannten Papille (auch: Mariotte-Fleck), treten die Nervenfasern des Sehnervs aus dem Auge aus. An dieser Austrittsstelle des Sehnervs gibt es jedoch keine lichtempfindlichen Sinneszellen – also keine Fotorezeptoren, die Lichtsignale aufnehmen könnten. Deshalb kann das Auge an dieser Stelle auch kein Bild wahrnehmen.

Der blinde Fleck befindet sich bei jedem Menschen leicht temporal (also zur Schläfe hin) im Gesichtsfeld – beim rechten Auge rechts, beim linken links. Doch obwohl hier Informationen fehlen, bemerken wir die Lücke im Alltag nicht. Warum? Weil das Gehirn die fehlenden Informationen ergänzt, indem es die Daten des anderen Auges verarbeitet oder das Bild optisch „auffüllt“. So entsteht ein vollständiger Seheindruck, obwohl das Bild an einer Stelle tatsächlich unterbrochen ist.

Warum er ganz normal ist: 

Der blinde Fleck ist kein Fehler – sondern eine logische Folge der Art und Weise, wie unser Auge aufgebaut ist. Da an der Papille nur der Sehnerv, Blutgefäße und Bindegewebe liegen, fehlen dort die Fotorezeptoren, die Licht in elektrische Signale umwandeln. Man spricht deshalb auch von einer funktionellen Lücke in der Netzhaut – eine, die bei beiden Augen symmetrisch vorkommt und vollkommen normalerweise ist.

Das Gehirn „rechnet“ diese fehlende Information heraus – so gut, dass der blinde Fleck im Alltag praktisch nicht auffällt. Erst durch einen gezielten Test oder Selbstversuch lässt er sich sichtbar machen.

Wie entsteht der blinde Fleck: Eine einfache Erklärung 

Stellen Sie sich das Auge wie eine Kamera vor. Die Retina (Netzhaut) ist die lichtempfindliche Schicht, auf der das einfallende Licht abgebildet wird. In ihrer zentralen Region – der Makula – befinden sich besonders viele Fotorezeptoren. Doch an einer kleinen Stelle, der Papille, fehlt diese lichtempfindliche Struktur. Hier verläuft der Austritt des Sehnervs, der alle aufgenommenen optischen Signale in Richtung Gehirn leitet.

Da an dieser Austrittsstelle weder Stäbchen noch Zapfen vorhanden sind, kann kein Lichtreiz verarbeitet werden – die Folge ist ein kleiner Bereich im Blickfeld, in dem man nichts sieht. Dieser Bereich ist meist etwa sechs Grad vom Zentrum entfernt und liegt etwas nasal auf der Netzhaut, was im Gesichtsfeld temporal erscheint.

Diese Lücke wird im medizinischen Sprachgebrauch auch als physiologisches Skotom bezeichnet – und sie gehört zu den wenigen blinden Stellen, die ganz ohne Krankheit auftreten.

Bemerkt man den blinden Fleck im Alltag? 

Die kurze Antwort: Nein, normalerweise bemerkt man den blinden Fleck nicht. Obwohl jeder Mensch ihn hat – und er in jedem Auge an exakt derselben Stelle der Netzhaut liegt – spielt er im Alltag keine wahrnehmbare Rolle. Das liegt vor allem an der erstaunlichen Leistung unseres Gehirns und dem Zusammenspiel beider Augen.

Das visuelle System kompensiert die fehlende Information durch:

  • die überlappenden Gesichtsfelder des linken und rechten Auges – das jeweils andere Auge sieht, was im blinden Fleck des ersten fehlt.
  • die Fähigkeit des Gehirns, fehlende Bildinformationen automatisch zu ergänzen, z. B. anhand von Farben, Linien oder Strukturen im Umfeld.
  • den ständigen Bewegungen des Augapfels, die verhindern, dass ein Bild dauerhaft auf dem blinden Fleck „liegen bleibt“.

Gibt es Symptome?

Da der blinde Fleck normal und funktionell bedingt ist, verursacht er keine Symptome im klassischen Sinn. Er bleibt meist unbemerkt, solange:

  • beide Augen geöffnet sind,
  • keine zusätzlichen Störungen wie ein krankhaftes Skotom oder eine Netzhauterkrankung vorliegen.

Selbstversuch: Den blinden Fleck selbst entdecken

So unsichtbar der blinde Fleck im Alltag ist – mit einem einfachen Selbstversuch lässt er sich ganz konkret sichtbar machen. Alles, was Sie dazu brauchen, ist ein weißes Blatt Papier, ein Stift und Ihre Augen. Damit erleben Sie hautnah, wie Ihr Auge an einer bestimmten Stelle des Gesichtsfelds blind ist – ganz ohne Krankheit.

So funktioniert der Test:

  1. Zeichnen Sie auf ein Blatt Papier:
    • links einen kleinen schwarzen Punkt
    • etwa 15 cm rechts daneben ein kleines Kreuz oder Quadrat
  2. Halten Sie das Blatt in etwa 40 cm Abstand vor sich.
  3. Decken Sie das linke Auge ab und schauen Sie mit dem rechten Auge direkt auf das Kreuz.
  4. Bewegen Sie nun das Blatt langsam vor und zurück, ohne den Blick vom Kreuz zu nehmen.

➡ An einem bestimmten Punkt verschwindet der schwarze Punkt plötzlich – er fällt genau auf die Austrittsstelle des Sehnervs, also den blinden Fleck des rechten Auges.

Abgrenzung zu krankhaften Gesichtsfeldausfällen

Der blinde Fleck ist eine ganz normale, physiologische Struktur im menschlichen Auge – er verursacht keine Beschwerden und bleibt im Alltag unbemerkt. Ganz anders sieht es bei krankhaften Gesichtsfeldausfällen aus, die ebenfalls als Skotome bezeichnet werden, aber auf eine Störung oder Erkrankung hinweisen. Diese können das Sehvermögen ernsthaft beeinträchtigen und erfordern eine augenärztliche Abklärung.

Wichtige Unterschiede im Überblick:

Physiologischer blinder FleckPathologisches Skotom (krankhaft)
Bei jedem Menschen vorhandenNicht normal, immer krankhaft
Immer an derselben Stelle (temporal)Kann überall im Gesichtsfeld auftreten
Keine SymptomeSichtbare Lücken, „dunkle Flecken“
Gehirn gleicht fehlende Information ausKeine oder unvollständige Kompensation
Wird nur durch gezielten Test sichtbarFällt oft im Alltag auf

Ursachen krankhafter Gesichtsfeldausfälle:

  • Schädigungen des Sehnervs (z. B. durch Glaukom)
  • Erkrankungen der Netzhaut (z. B. Retinopathien)
  • Durchblutungsstörungen im Auge
  • Entzündungen oder Infektionen
  • Tumoren oder Läsionen entlang der Sehbahn im Gehirn 
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Autor:

Dr. Victor Derhartunian

Nachdem er sein Handwerk von den beiden Pionieren der Laserchirurgie gelernt hat, gehört Dr. Victor Derhartunian zu den führenden Augenlaser-Chirurgen. Er leitet die Praxis in Wien und kann seine Patienten in fünf Sprachen beraten.

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